„Es widert mich nur noch an“ – Klartext aus dem Bundestag Abgeordnete rechnet mit der Doppelmoral ab

Ein Gastbeitrag von Joanna Cotar

Ich habe eine Frage. 

Ich war selbst 10 Jahre in der AfD. Ich habe aus Angst vor Angriffen nie allein Plakate aufgehängt. War immer happy, wenn ich einer Gruppe zugeteilt wurde, in der auch ein Polizist war. Neben jedem Wahlkampfstand parkte (wegen erfolgter Übergriffe) ein Polizeiauto. Zeitweise fuhr jede Stunde ein Polizeiauto an meinem Haus vorbei, weil eine konkrete Bedrohungslage bestand. Auftritte gingen nie ohne Polizeischutz. Bei Parteitagen wurde grossräumig abgesperrt, Bombenhunde im Einsatz, in Köln war quasi ein ganzes Viertel zu unserem Schutz zu. Wir bekamen Mails, in denen wir gebeten wurden, nicht alleine zum Parteitag zu laufen und keine sichtbaren Parteizeichen zu tragen – es sei zu gefährlich.

Und trotzdem gab es regelmäßig Übergriffe auf Delegierte und Verletzte. Trotzdem gab es Überfälle auf Wahlkampfstände. Autos wurden angezündet, Häuser beschmiert, Bitumen in Hauseingänge geschüttet, Privatadressen per interaktiver Karte ins Netz gestellt, leicht zu finden für Google Maps. Schon Prof. Lucke musste 2015 aus einem Zug flüchten.

Wieso waren damals alle „Demokraten“ still?

Wieso gab es keine Demos?

Wo war die Solidarität der Kollegen?

Gerade als es Lokalpolitiker getroffen hat? Wenn diese dann aus Angst vor Übergriffen ihre Tätigkeit eingestellt haben? Wenn Vermieter aus Angst vor Vandalismus nicht mehr an die AfD vermietet haben?

Ich bin aus sehr gutem Grund aus der AfD ausgetreten und kritisiere die Partei dort, wo es meiner Meinung nach definitiv nötig ist. Aber als Demokrat finde ich das, was zur Zeit an Doppelmoral und Scheinheiligkeit von Parteien und Presse zelebriert wird, zum Kotzen.

Würden es all diese Demo-Teilnehmer, diese Artikel-Schreiber, Moderatoren etc. ernst mit der Demokratie und der Freiheit meinen, sie hätten schon vor Jahren den Mund aufgemacht. Nichts war. Schweigen.

Bei so manchem Übergriff konnte man stattdessen sogar Schadenfreude rauslesen, frei nach dem Motto: Trifft ja die Richtigen.

Das alles hatte nichts mit Demokratie zu tun!

Jetzt, wo es die anderen Parteien trifft, jetzt soll es zu Maßnahmen kommen, um Demokratie und vor allem Lokalpolitiker zu schützen. Jetzt. Und Übergriffe auf Politiker sollen nun härter bestraft werden als auf „einfache“ Bürger. Warum eigentlich? Sind wir mehr wert? Sollten nicht alle Menschen in diesem Land sicher sein?

Es widert mich nur noch an.

Entweder wir sind Demokraten und verteidigen die Freiheit gegen all ihre Feinde und verurteilen alle Übergriffe auf alle Politiker und alle Parteien (egal, was wir von ihnen halten) oder wir schenken uns diese Demokratie-Verteidigungs-Simulations-Hysterie.

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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Joana Cotar ist Mitglied des Deutschen Bundestages und war zehn Jahre Mitglied der AfD. Dieser Text erschien zuerst auf ihrer Seite auf „X“.

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